Gute Momente gibt es nicht im Abo. Sie tauchen auf, wenn man sie am wenigsten erwartet – und verabschieden sich ebenso still und heimlich mit einem à la prochaine durch die Hintertür.
Ich hätte es besser wissen müssen. Ich bin 56. Man sollte meinen, ich hätte das Muster inzwischen durchschaut. Aber vor drei Tagen saß ich in diesem kleinen Café auf Fehmarn, hinten im Hof, wo das Licht durch die Zweige tanzte, die Musik leise war und der Matcha schmeckte wie innere Einkehr. Alles stimmte. Ein seltener Zustand: leicht, klar, fast lichterfüllt.
Heute sitze ich wieder hier. Gleicher Platz, gleiche Tasse, sogar der Matcha ist heißer als damals. Und trotzdem: nichts. Keine leise Euphorie, keine klaren Gedanken, kein versöhnliches Schulterklopfen vom Leben.
Nur ich. Und eine frische Lieferung Urlauber mit Sonnenbrillen und Adiletten, die Eiscafé trinken wie Lebenselixier und rauchen wie stillgelegte Kraftwerke in der Abendsonne. Statt Frieden: Gesprächsfetzen wie Presslufthämmer, Enge in der Brust, Atemnot aus akustischen Gründen.
Mein Versuch, ein Glücksgefühl zu duplizieren, war eine Bauchlandung mit Ansage. Und trotzdem tappe ich immer wieder hinein in diese Falle: Als ließe sich Stimmung haltbar machen wie Sommerfrüchte im Glas – mit Deckel, Etikett und dem stillen Wunsch: bitte genau so noch mal.
Vielleicht ist das die eigentliche Übung im Urlaub: gute Momente liebevoll ziehen zu lassen. Nicht mit Wehmut. Mit Dankbarkeit. Und dann still auf den nächsten warten – der bestimmt kommt. Aber eben woanders. Irgendwann. Und ganz anders.